Als Hausgeist führt man oft ein einsames, wenig geistreiches Leben. Vor allem dann, wenn man in so einem großen Saal lebt. Ich habe nicht extra Geisteswissenschaften studiert, um dann nur den Spinnen beim Vernetzen zuzuschauen.
Wir versuchen daher seit 2019, den Saal wieder für kulturelle Veranstaltungen zu reaktivieren. Das Genehmigungsgedöns zieht sich leider wie Gummi.
Zu Anfang genoss ich im Saal die Gedichte eines Seniorenseminars der UDL und einen Robinet Workshop, um zu ergründen, was man hier alles machen könnte. Zu Besuch kamen auch andere interessante Persönlichkeiten wie Thomas Oppermann und viele, viele andere. Seitdem bin ich weniger einsam.
Der Sportverein MTV probierte coronakonformes Pilates auf dem frisch geölten Saalboden.
Ich hatte mich richtig entschieden, das Leinöl auf dem Saalboden zu verteilen und nicht über meinen Salat zu kippen!
Inzwischen hat das Computer Cabinett Göttingen Unterschlupf in einem Teil des Saales gefunden und bastelt regelmäßig an seinen historischen Maschinen. Die Möbelleute, die seit der Pandemie oft im Saal sind, und die Chöre HeartChor und Choralle habe ich ins Herz geschlossen. Vielleicht schaffen sie es mit ihrem Gesang, meine Mitbewohner, die Holzwürmer, zu vertreiben. Obwohl ich sehr schüchtern bin, finde ich inzwischen großen Gefallen an dem Trubel.
Vernetzen ist wichtig, sagen meine zahlreichen Saalspinnen. Und die müssen es wissen mit ihren 350 Millionen Jahren an Erfahrung. Wenn ich ihre Netze von den Fenstern entferne, spinnen sie sofort neue. Die spinnen doch, oder?
Irgendwann stand die Idee eines RoSa Wiesenfestes auf der alten Festwiese mit geöffneten Türen im Saal. Wir richteten dafür die alte Theke als RoSa Bar her.
Wen ich auch fragte, alle boten ihre Hilfe an!
Der Festtag kam näher. Die Vorbereitungen liefen wie am Schnürchen. Die Sonne lachte, die Menschen strömten auf die Wiese. Ich zog mein bestes Beinkleid an und traute mich nach über 50 Jahren in die Öffentlichkeit. Sogar auf die Bühne, um mit den Auftretenden rumzugeistern.
Die Auftritte waren eine Augen- und Ohrenweide, Musi-Kusss Schüler zeigten, was sie gelernt hatten. Anschließend präsentierte uns Ji ihre südkoreanische Gayagum, es folgten Aurelian und Fabio mit Beatbox, LoopStation und Saxophon sowie der Heartchor mit tollen Songs. Den Abschluss machten Maria und Michael als singendes Ehepaar „Tannengurke“.
Ihr wart alle so lieb, lachtet, strahltet. Die Kinder, mit denen ich mich unterhielt, waren so glücklich. Ich traute mir sogar ein kleines Tänzchen zu! Es gab Essen und Trinken, tolle Stände mit Spielen und Aktionen. Zu unserer großen Überraschung stand da plötzlich ein schwarzer VW Käfer vor dem Saal, in den ich mich spontan hineinsetzte.
Ich freue mich sehr über die tolle Unterstützung von insgesamt sieben Vereinen und vielen Freiwilligen, die uns halfen, dieses wunderbare Wiesenfest zu gestalten.
Auf den folgenden Hausseiten erfahrt ihr mehr darüber:
Ich danke Euch allen, dass ihr dabei wart!
Gerne würde ich mal wieder so ausgelassen herumgeistern!
Ein paar Eindrücke vom Tag
